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Die MalerIN ist keine Ausnahme mehr!

09.04.2023
Die MalerIN ist keine Ausnahme mehr!

Eine Ausbildung im Handwerk hat sie sich immer schon gut vorstellen können. Ganz sicher war sich Josephine Genau bei der Berufswahl aber nicht. Das ändert eine Einstiegsqualifizierung der Agentur für Arbeit – eine Art bezahltes sozialversicherungspflichtiges Langzeitpraktikum.

Mit einer Kelle trägt sie frisch angerührten Putz aus Lehm und Stroh an der Innenwand eines denkmalgeschützten Bauernhauses in Godelheim auf und zieht ihn glatt. Der Fachwerkbau war in die Jahre gekommen. Jetzt richtet Josephine Genau diesen wieder her. „Es ist schön, wenn man mit seiner Arbeit bewirkt, dass Familien ein gutes Wohngefühl haben oder es in Betrieben eine inspirierende Arbeitsumgebung gibt“, sagt sie.

Mit einem Pinsel und Farbe zu streichen oder mit einem Spachtel zähe Masse aufzubringen, hat sie schon immer fasziniert. So absolviert die Jugendliche aus dem niedersächsischen Fürstenberg in einem Malerbetrieb aus Godelheim heute eine insgesamt neunmonatige Einstiegsqualifizierung (EQ). Das ist eine Art sozialversicherungspflichtiges Langzeitpraktikum, das die Agentur für Arbeit Höxter finanziell unterstützt. Bis zu sechs Monate ihrer Zeit in der EQ können sich Jugendliche später auf die reguläre Ausbildungsdauer anrechnen lassen.

Eigentlich wollte Josephine Genau nach ihrem Realschulabschluss zunächst das Fachabitur machen, um dann später zu studieren. Sie besuchte eine weiterführende Schule für Gesundheit und Soziales. Dann merkte sie schnell, dass sie nicht mehr länger die Schulbank drücken wollte. „Ich habe mich bereits in der neunten Klasse näher über eine Ausbildung im handwerklichen Bereich informiert“, erzählt die fast 17-Jährige: „Und was mir dann ein Freund von seiner Malerausbildung erzählte, klang wirklich sehr spannend.“ Es war damit für sie an der Zeit, ins Berufsleben zu starten.

Sie meldete sich bei Ihrer Berufsberaterin Julia Thiet in der Jugendberufsagentur Höxter. Dort erhielt sie erste Informationen über Betriebe, die wohnortnah eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin anbieten. Der inhabergeführte Betrieb Kröller in Godelheim fiel ihr bei der anschließenden Online-Recherche positiv auf. Das Unternehmensprofil sowie die Ausrichtung des Angebots überzeugten sie so sehr, dass sie die Anfahrt von einer Dreiviertelstunde weniger störte. Die Firma Kröller legt einen ihrer Schwerpunkte auf die Themen Nachhaltigkeit und ökologische Renovierung. Noch an dem Tag telefonierte sie mit Simone Schum vom gemeinsamen Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Höxter, denn von ihr werden im Raum Höxter unter anderem die Maler- und Lackierbetriebe betreut. Schum nahm auf Wunsch von Genau Kontakt mit dem Betrieb auf und stellte Benedikt Kröller das Thema Einstiegsqualifizierung sowie das Bewerbungsprofil von Frau Genau vor. Kröller zeigte sich interessiert und schlug eine Kontaktaufnahme durch die Jugendliche vor.

Nach dieser Rückmeldung griff Genau zum Telefonhörer. „Sie hat sich umfassend erkundigt und auch zu spezifischen Punkten gefragt“, erzählt Kröller. „Dass sie sich so dahinterklemmt, habe ich schon am Telefon positiv wahrgenommen“, sagt er. Kröller bot der Jugendlichen schließlich einen Platz für die EQ an. Für Genau passte das Angebot. Ein weiterer wichtiger Punkt war für sie, dass der Betrieb mit rund 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein familiäres Klima bietet.

Das Klischee, dass Berufe im Handwerk nur etwas für Männer und weniger geeignet für Frauen sind, hält sich in manchen Köpfen noch hartnäckig. Dieses widerspricht jedoch der Realität. „Viele Handwerksbetriebe vollziehen im Hochstift einen Wandel“, sagt Simone Schum. Ein Grund ist sicher auch der Fachkräftemangel. „Ich finde es super, dass heute Männer und Frauen auf den Baustellen anzutreffen sind“, betont Kröller. In der Berufsschule am Berufskolleg Brakel zum Beispiel, das Genau während ihrer EQ begleitend besucht, befinden sich im ersten Ausbildungsjahr elf junge Männer und neun junge Frauen für den Ausbildungsberuf der Malerin/des Malers und der Lackiererin/des Lackierers, erzählt die Praktikantin. Die Malerin ist also keine Ausnahme mehr.

Seit November 2022 befindet sich Genau nun in der EQ. „Das Handwerk bietet tägliche Abwechslung und viele Gestaltungsmöglichkeiten“, sagt sie auf Grundlage bisher gesammelter Erfahrungen. Klar sei aber auch: „Man braucht eine gewisse Ausdauer für den Beruf. Man muss es wirklich wollen. Und man erbringt eine Dienstleistung. Das heißt, der Kunde muss am Ende des Tages zufrieden sein“, berichtet Genau.

Eine Einstiegsqualifizierung eignet sich vor allem dann, wenn man erstmal schauen möchte, ob der Beruf passt. Josephine Genau hat für ihre berufliche Zukunft nun Klarheit: „Ich will als Malerin arbeiten und an das Praktikum meine Ausbildung anschließen. Für mich ist dieser Beruf genau das Richtige.“